Lehrer wird im Klassenzimmer von Monitor ersetzt?

14. Dezember 2018

Präsentation des ‚Digitalen Trendbooks 2017‘ von WorldSkills Germany und Podiumsgespräch zur Zukunft der beruflichen Bildung

Digital, vernetzt, individuell – so sieht die Zukunft der beruflichen Bildung aus. WorldSkills Germany hatte Experten und junge Fachkräfte gebeten, ihre Einschätzung zur zukünftigen Veränderung der beruflichen Bildung durch die Digitalisierung zu geben. Daraus entstand das ‚Digitale Trendbook 2017‘, welches diese Woche in der Gutenbergschule Leipzig vor rund 70 Azubis und Gästen aus Politik, Wirtschaft und Bildung vorgestellt wurde.

„Unser Anliegen ist es, explizit auch jungen Menschen eine Stimme zu geben“, so Hubert Romer, Geschäftsführer von WorldSkills Germany. „Wir müssen bereit sein, unseren Auszubildenden über die Schulter zu schauen und ihren Umgang mit den Medien zu erfassen und davon zu lernen. Sie machen sich schon jetzt viele Gedanken zu ihrem künftigen Arbeits- und Lebensumfeld. So zeigt sich auch im ‚Digitalen Trendbook‘: der Mensch und seine individuellen Kompetenzen stehen künftig im Mittelpunkt. Viele Unternehmen setzen im Zuge der Digitalisierung sehr stark auf die Automatisierung und die damit einhergehende Effizienz- und Profitsteigerung und zu wenig auf die vielfältigen, auch sozialen Fähigkeiten und Bedürfnisse der eigenen Mitarbeiter.“

Über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung in der beruflichen Bildung sprachen im Rahmen der Präsentation des ‚Digitalen Trendbooks‘ Schüler der Gutenbergschule, WorldSkills-Champions und Ralf Berger, Direktor der Sächsischen Bildungsagentur. „Sind wirklich immer alle technischen Neuerungen sinnvoll für den Einsatz in der Schule?“, stellte Ralf Berger als Frage in den Raum. „Natürlich muss eine entsprechende technische Ausstattung vorhanden sein. Und hier stecken wir tatsächlich noch in den Kinderschuhen. Aber letztendlich gilt es auch, Kinder und Jugendliche nicht nur technisch, sondern auch in Bezug auf die Entwicklung von Sozialkompetenz und grundlegenden Fertigkeiten zu begleiten.“
Maria Bero, Kauffrau für Büromanagement, fasst ihre Berufsausbildung kurz zusammen: „Bei uns ist bereits fast alles digital. Wir verfassen Dokumente z.B. in Google Drive, die werden in digitalen Ordnern archiviert und auch die Kommunikation verläuft fast ausschließlich digital. Für mich, die gern klassische Postkarten schreibt, ist das schon fast zu digital.“
„Die technische Ausstattung ist wichtig, aber es braucht auch Lehrer, die diese bedienen wollen und können. Eine permanente Weiterbildung und der Wille dazu ist hierfür sehr wichtig,“ sagte Jonas Wanke. Der 17jährige Gymnasiast hatte sich bei der WM der Berufe, den WorldSkills Abu Dhabi 2017, gegen starke internationale Konkurrenz durchgesetzt und gewann Bronze im Skill IT Software Solutions for Business (IT Softwareanwendungen). Jonas Turtschan, Gewinner einer Exzellenzmedaille im Skill Grafikdesign bei der letzten Berufsweltmeisterschaft, bekräftigte vor allem die individuelle Förderung von Schülern: „Man darf nicht davon ausgehen, dass automatisch alle jungen Leute auch die gleichen Fähigkeiten z.B. im Umgang mit neuen Medien haben.“
„Es kann nicht sein, dass die Schulen weniger gut ausgestattet sind, als die Betriebe. Andererseits müssen die Schulen auch die unterschiedlichen Arbeitsweisen in den Unternehmen berücksichtigen“, machte Isabell Kaiser, Mediengestalterin Digital und Print, deutlich. „Schulen und Betriebe sollten auch im Rahmen der Digitalisierung viel enger zusammenarbeiten.“ Am Ende der Gesprächsrunde mahnte Robert Walther, Mediengestalter Digital und Print, an: „Das Zwischenmenschliche darf in der Ausbildung nicht verloren gehen. Ich möchte eine Respektsperson vor mir haben, die mir Inhalte vermittelt. Digitalisierung darf eben nicht bedeutetn, dass Lehrer von Videos auf Monitoren ersetzt werden.“

Die Gutenbergschule in Leipzig als Veranstaltungsort der Präsentation des ‚Digitalen Trendbooks 2017‘ hat für WorldSkills Germany eine besondere Bedeutung. Im Rahmen der Veranstaltung unterzeichneten WorldSkills Germany-Geschäftsführer Hubert Romer und Oberstudiendirektor Christoph Zehler, Schulleiter der Gutenbergschule, einen Letter of Intent. Hiermit erklärten beide, dass sich die Schule als assoziierter Partner in der Vorstufe zum von WorldSkills Germany zertifizierten Leistungszentrum für den Skill Grafikdesign befindet. „Wir sind 2011 erstmals mit WorldSkills – damals für die WM in London – in Kontakt gekommen. und konnten die Zusammenarbeit über die Jahre immer weiter ausbauen. Wir würden künftig sehr gern weiterhin Wettbewerbe im Beruf Mediengestalter Digital und Print – der WorldSkills Disziplin Grafikdesign – durchführen“, freute sich Zehler über die Unterzeichnung.
In Leipzig befinden sich bereits zwei weitere WorldSkills Germany-Leistungszentren die nach den Konzepten der beruflichen Wettbewerbe Trainings und Kurse abhalten - das BTZ Borsdorf der Handwerkskammer zu Leipzig sowie das BFW Bau Sachsen. Mit dieser Dichte an Leistungszentren ist Leipzig ein bundesweiter Leuchttum.

Das Digitale Trendbook 2017 gibt Einblicke in aktuelle Entwicklungen bezüglich der Transformation von Ausbildung und Berufen durch die Digitalisierung. Die Beiträge der Experten und jungen Fachkräfte zeigen, dass bereits heute viel in diesen Bereichen getan wird, um zukunftsfähig zu bleiben, Deutschland jedoch in einigen Bereichen, vor allem auch in der Weiterbildung von Lehrkräften, der Ausstattung sowie der Vernetzung von Schulen und Unternehmen Nachholbedarf hat.
Beiträge u.a. von: Prof. Dr. Michael Heister (Bundesinstitut für Berufsbildung), Prof. Dr. Christoph Igel (Deutsches Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz), Steffen Ganders (Samsung Electronics GmbH), Dr. Axel-Michael Unger (ehem. Präsident Bundesverband Deutsche Berufsausbilder e.V.), Daniel Christophersen (Webentwickler und Teilnehmer WorldSkills São Paulo 2015 sowie der EuroSkills Göteborg 2016 im Skill Web Design and Development), Manuel Chmiel (Tischler und Teilnehmer bei den WorldSkills São Paulo im Skill Möbelschreiner) sowie Ausbildern / Ausbildungsleitern und der Finalisten des bundesweiten Wettbewerbs ‚Digital Youngsters 2016 / 2017‘.

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