Die tägliche Realität beim Oldtimerhobby: Der ideelle Wert eines Fahrzeuges übersteigt den monetären Wert einer Reparatur, Instandsetzung oder Restaurierung teilweise deutlich. Und genau darum geht es beim ADAC Jugendclub-Roller von 1996. Der Marktwert erreicht vermutlich keine vierstellige Zahl, aber seine Geschichte macht ihn für seinen Besitzer, den ADAC, zu einem wertvollen Artefakt.

Wir freuen uns, dass auch WorldSkills Germany seinen Beitrag bei der Instandsetzung dieses einzigartigen Rollers leisten konnte. Wie? Durch die Expertise von Mariusz Dechnig, Bundestrainer für die Wettbewerbsdisziplin “Fahrzeuglackierer/in” und Fahrzeuglackiererin Johanna Kaiser, Teilnehmerin der WM der Berufe im russischen Kasan 2019. Darüber hinaus fanden einige Lackierarbeiten im Berufsbildungs- und Technologiezentrum Weiterstadt der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main statt. Das BTZ ist das von WorldSkills Germany zertifizierte Bundesleistungszentrum für Fahrzeuglackierer/innen und damit auch Trainingsort für internationale Berufswettbewerbe.
Wie der Roller zum ADAC-Jugendclub-Roller wurde
Albert Kockelmann, der ehemalige Leiter vom ADAC Klassik (Oldtimer-Bereich des ADAC), wurde 1996 mit der Aufgabe betraut, ein Angebot für Jugendliche ab 15 Jahre bis zum Erreichen des Mindestalters für den Auto- bzw. Motorradführerschein zu schaffen. So wurde der ADAC-Jugendclub ins Leben gerufen. Für die Namensfindung wurde damals ein Wettbewerb ausgelobt. Den Zuschlag erhalten hat „15/17 – der ADAC Jugend-Club“. Das Logo dazu war in Anlehnung an den Kilometerzähler eines analogen Tachos gestaltet. Die Ziffer „5“ in 15 ist leicht nach unten versetzt, wie die Kilometeranzeige die gerade auf 15 (das Alter in dem man erstmals ein motorisiertes Kraftfahrzeug, also Mofa, führen darf) springt. Die „7“ in 17 ist nach oben versetzt, wie ein Kilometerzähler, der kurz davor ist, auf die 18 – dem Mindestalter für den Auto- bzw. Motorradführerschein – zu springen.
Das Erkennungszeichen des Jugendclubs war ein von Yamaha Deutschland zur Verfügung gestellter Roller. Vor seinem ersten Einsatz wurde dieser zur Gestaltung dem renomierten Lackkünstler Walter Maurer übergeben. “Maurer hat die Lackteile in einem aufwendigen, frisch und dynamisch wirkenden Design lackiert, welches das 15/17-Logo mehrfach aufgreift”, berichtet Jürgen Book, Leiter Classic Cars bei Glasurit. “Die rohen, schwarzen Plastikteile wurden von einem heute nicht mehr identifizierbaren Betrieb gelb lackiert, um den Bogen zum ADAC zu schlagen.” Auf den gelben Teilen haben sich dann diverse Persönlichkeiten per Autogramm verewigt, u.a. die mehrfache Gewinnerin der Damenwertung der Rallye-Welt- und Europameisterschaft Isolde Holderied.
Die Wiederentdeckung …
Durch glückliche Umstände tauchte der ADAC-Jugendclub-Roller 2018 wieder auf. “Leider wurde er seit 2011 nicht gut behandelt, sodass mehrere Teile verkratzt, abgesplittert oder eingerissen waren”, so Book. “Alle gelb lackierten Teile zeigten teils großflächige Lackabplatzungen. Eine partielle Lackreparatur war dadurch unmöglich.”
Rundum beschädigt, nicht fahrbereit, ohne Schlüssel und Papiere war der Roller praktisch wertlos. Jegliche Instandsetzung hätte den Zeitwert kostenmäßig weit überschritten. Die einzig gute Nachricht war das die von Walter Maurer gestalteten Teilen bis auf einen 8 cm langen Riss in der Lenkerverkleidung gut erhalten waren und der Lackaufbau auch perfekt haftete.
Alle Beteiligten des ADAC waren sichtlich betrübt über den Erhaltungszustand. Angesichts seiner Lackierung und der speziellen Geschichte war jedoch schnell entschieden, den Roller zu erhalten. Dies wollte der ADAC gemeinsam mit Glasurit im Rahmen der FIVA-Partnerschaft realisieren. Die FIVA ist die Fédération Internationale des Véhicules Anciens, der Weltverband der Oldtimerclubs, und setzt sich für die Erhaltung und verantwortungsvolle Nutzung von historischen Fahrzeugen als bedeutsamen Teil unseres technischen und kulturellen Erbes ein. Im Januar letzten Jahres wurde vereinbart, den Roller im Sinne der Charta von Turin wiederherzustellen. Die Charta von Turin fasst die Leitsätze für Nutzung, Unterhalt, Konservierung, Restaurierung und Reparatur von historischen Fahrzeugen zusammen. Sie wurde 2013 verabschiedet und gilt insbesondere für Fahrzeuge älter als 30 Jahre. Obwohl der ADAC-Jugend-Roller noch keine 30 Jahre alt ist, war es allen Beteiligten wichtig, dennoch die in der Charta festgehaltenen Vorgaben umzusetzen.
… und Instandsetzung
Walter Maurer war sofort bereit sein Werk wieder instandzusetzen. Parallel erfolgte die Beschaffung der teils mit vielen Unterschriften signierten Plastikteile als Neuteil. Beim Trittbrett war die Suche leider nicht von Erfolg gekrönt. Bei der Tachoverkleidung, auf der einige schwer entzifferbare Unterschriften erkennbar sind, aber glücklicherweise schon.
In Weiterstadt machten sich Mariusz Dechnig und sein Kollege Andrew Duffy ein Bild von den angelieferten Teilen. Es war klar, dass es ein Schüler-Lehrprojekt werden sollte. Luca Ebach, Amirali Nazari und Nassan Bozan führten die Arbeiten mit großem Enthusiasmus und mit Unterstützung von Johanna Kaiser, der WorldSkills-Teilnehmerin der WM 2019 in Kasan, durch.
Dank aller Beteiligten wurde der Roller wieder komplettiert und sieht nun wieder genauso aus wie 1996. Perfekte Übereinstimmung beim Farbton und der Oberflächenstruktur der Tropfen. Obendrein gelang es, einen originalen und vollständigen Schlosssatz zu finden.
Andrea Zeus (Vorstandsvorsitzende) und Hubert Romer (Geschäftsführer) freuen sich sehr darüber, dass WorldSkills Germany bei diesem Projekt mitwirken konnte. “Fachkräfte fehlen, handwerkliche Fähigkeiten und Wissen gehen in vielen Berufen verloren”, so Hubert Romer. “Dieses Beispiel zeigt anschaulich die Faszination des Lackierberufes und welche fachliche Qualifikation bei der Lackinstandsetzung, Reparatur oder Restaurierung historischer Fahrzeuge notwendig ist.”
“Könnte der Roller reden, wäre er sicher eines der glücklichsten Wesen des Planeten, denn mit dieser fulminanten Wiederkehr hätte er wohl nicht gerechnet”, freut sich Book über den erfolgreichen Abschluss des Projektes.
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