Förderung von Auszubildenden in Unternehmen

11. Dezember 2019

Wir fragten kürzlich in unserem Netzwerk nach Best-Practice-Beispielen unserer Mitglieder zur Förderung von Auszubildenden und jungen Fachkräften in Unternehmen. Ziel war es zudem auch, durch die Befragung Herausforderungen und Schwierigkeiten zu identifizieren, mit denen sich Unternehmen in diesem Bereich konfrontiert sehen. So wurden zum Beispiel auch Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Förderung von Auszubildenden und jungen Fachkräften herausgearbeitet. „Wir wollten nicht nur den Status Quo bei unseren Mitgliedsunternehmen erfragen, sondern davon auch wichtige Impulse für sie ableiten“, erklärt WorldSkills Germany-Geschäftsführer Hubert Romer die Intention.

Umfangreiches Kursprogramm
Auffällig war, dass überdurchschnittlich viele Unternehmen (62,5 Prozent), die ihre Best Practices eingereicht haben, äußerst engagiert bei eigenen Fördermaßnahmen sind: So unterstützt die CHIRON Werke GmbH & Co. KG ihre Auszubildenden und Fachkräfte durch ein umfangreiches Kursprogramm zu technischen Themen wie CNC, CAD, Steuerungskurse etc. Des Weiteren gibt es Maßnahmen wie Improved Reading zur Verbesserung der Lesefähigkeit, Englisch, Gedächtnistraining, Planspiele und mehr. Auszubildende und Fachkräfte mit Spitzenleistungen werden zum Beispiel durch Berufswettbewerbe, Stipendien oder weitergehende Weiterbildungsangebote gefördert. Fachkräfte mit Migrationshintergrund oder besonderem Förderbedarf erhalten spezifische Einführungskurse, Nachhilfe und arbeiten in Kleingruppen.

Interne Bootcamps für Leistungsträger
Die Computacenter AG & Co oHG unterstützt ihre Auszubildenden mit betrieblichem Unterricht sowie technischen und organisatorischen Azubi-Projekten. Um Talenten mit Spitzenleistungen die entsprechende Unterstützung zukommen zu lassen, nehmen diese an den WorldSkills-Wettbewerben teil; es gibt zudem gezielte Fördermaßnahmen von Leistungsträgern sowie Prämien für gute und sehr gute Abschlussprüfungen. Die Auszubildenden werden außerdem mit individuellen Nachhilfen, ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) oder Lerngemeinschaften unterstützt.

Die im Bereich Kälte- und Klimatechnik tätige IKKE gGmbH setzt auf interne Manpower: Um Auszubildende und Fachkräfte mit Spitzenleistungen zu fördern, werden Weiterbildungen unter anderem im eigenen Haus organisiert. Dieses Engagement hat sich ausgezahlt: Bisher konnten mehrere Personen über eine Umschulung zum Meister eine Dozententätigkeit in der Institution aufnehmen.

Praxisorientierte interne Förderung
Die SICK AG fördert ebenfalls sehr praxisorientiert: Nach der Grundlagenausbildung erfolgt die komplette Ausbildung projektbasiert. Azubis und Studierende der dualen Hochschule bekommen eigene Projekte, welche realisiert werden müssen. Die Projektthemen werden dabei nach Leistung vergeben. Bedeutet: Ist ein Azubi oder Studierender fachlich fit, erhält er oder sie ein anspruchsvolleres Projekt. Entwickelt sich jemand bei einem Projekt besonders positiv, dann hat die Person z. B. die Möglichkeit der Teilnahme bei nationalen Ausscheidungen für die WorldSkills. Bei Leistungsschwächeren bietet man ebenfalls individuell zugeschnittene Maßnahmen: Die Integration von Flüchtlingen gelingt zum Beispiel durch zusätzliche Sprachkurse während der Arbeitszeit und eine höhere Betreuung durch die Ausbilder.

Dieses große Engagement der WorldSkills-Mitgliedsunternehmen macht sich bezahlt. Bei der CHIRON Werke GmbH & Co. KG zum Beispiel in Form von langen Betriebszugehörigkeiten, einer Identifikation mit dem Unternehmen sowie einer motivierten, loyalen und leistungsorientierten Herangehensweise der geförderten Personen, wie sie selbst angibt. Mehr noch: Durch die gezielte Förderung konnten ehemalige Auszubildende Leitungspositionen bis hin zum Mitglied der Geschäftsführung besetzen.

Unterstützung von außen fehlt
Wie fast zwei Drittel aller Unternehmen, die wir mit unserer Frage nach Best Practices um Stellungnahme gebeten hatten, bemängelt auch CHIRON Werke GmbH & Co. KG die fehlende externe Unterstützung bei Fördermaßnahmen, meist seien diese nicht zustande gekommen und das Unternehmen habe alles selbst getragen. Wie oben erwähnt, teilen andere Unternehmen, die an der Befragung teilgenommen haben, diese Erfahrung: Die Computacenter AG & Co oHG würde es begrüßen, wenn es Register mit individuellen Fördermaßnahmen oder eine Hotline geben würde, um spezielle Herausforderungen besprechen zu können. Denn: „Ausbildung ist ein ernstes Thema, welches wir auch dementsprechend ernst nehmen. Es ist wichtig, den einzelnen Azubi in seinen individuellen Bedürfnissen zu betrachten und zu fördern.“ Auch die Innung für Spengler-, Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Schweinfurt – Main – Rhön gibt an, sie wünsche sich zum Beispiel höhere Fördergelder für die Aus- und Weiterbildung von Auszubildenden und Fachkräften, um stärker selbst tätig werden zu können. In diese Richtung denkt auch das Mitglied Festo: Um in Sachen Förderung von Auszubildenden und jungen Fachkräften stärker tätig zu werden, wären zum Beispiel finanzielle Zuschüsse oder personelle Unterstützung von zentralen Stellen (z. B. Verbänden etc.) hilfreich.

Selbst aktiv werden!
Nichtsdestotrotz gehen den WorldSkills Germany-Mitgliedern die Ideen zur Selbsthilfe nicht aus: Die CHIRON Werke GmbH & Co. KG hat in den kommenden Jahren viel vor, um entsprechende Fördermaßnahmen für Auszubildende und Fachkräfte im Allgemeinen bzw. mit Spitzenleistungen oder anderem Förderbedarf umzusetzen: zum Beispiel mit einem Leistungszentrum für die Zerspanung, einer Zusatzqualifikation für CAD/CAM an der Berufsschule oder die Umsetzung einer Berufsnationalmannschaft. Dies sei auch deshalb notwendig, da sich die Eingangsvoraussetzungen neuer Auszubildender drastisch verschlechtert hätten, das Leistungsniveau gesunken sei. Die Vorbildung für den Beruf sei nicht oder nur wenig vorhanden, worunter die Vorbereitung leide. Konkrete Vorstellungen, wie die Förderung von Auszubildenden und jüngeren Fachkräften mit Spitzenleistungen besser organisiert werden könnten, hat das Unternehmen ebenfalls: „Die Meldungen der Besten über die Kammern und Schulen fehlen. So können Talente nicht frühzeitig gefördert werden, weil sie leider nicht bekannt sind.“ Daran sei auch das öffentliche Bild schuld: „Wenn das duale System nicht den Stellenwert in der Gesellschaft bekommt, das es verdient, und solange Geselle und Facharbeiter in der Gesellschaft nur als Loser dastehen, werden wir das System nicht nachhaltig verbessern können, um uns erfolgreich international messen zu können. Ein Umdenken ist gefordert in Gesellschaft und Politik. Individuelle Förderprogramme müssen geschaffen werden – und das am besten unbürokratisch“, wird gefordert.

Zum Hintergrund
Sämtliche Mitgliedsunternehmen von WorldSkills Germany waren dazu aufgerufen, ihre Erfahrungen und Best Practices einzureichen. Der Hintergrund der rückmeldenden Unternehmen war bunt gemischt: von 13 bis zu knapp 9.000 Beschäftigten, vom Maschinenbau-, Sensorik- oder Industrieunternehmen bis hin zum IT-Dienstleister oder SHK-Betrieb.

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